Kommentar, 17.07.2024
Nach einem für Aktieninvestoren herausragenden ersten Halbjahr, stellt sich für die weiteren knapp sechs Monate die Frage, ob es in dieser Tonart weitergehen kann. Während insbesondere bei US Large Cap Technologie-Aktien eindeutige Anzeichen einer Blasenbildung in Form von exzessiven Kursanstiegen gepaart mit historisch rekordhohen KGVs vorhanden sind, geben die deutlich günstigeren Bewertungen von Unternehmen aus anderen Sektoren Anlass zum Optimismus. Da die Kursentwicklung bei den meisten Technologie-Aktien im Kern auf echter Substanz in Form von Umsatz- und Gewinnsteigerungen basiert, besteht zudem berechtigte Hoffnung, dass es tatsächlich zu positiven Übertragungseffekten auf Unternehmen aus der restlichen Wirtschaft kommen kann.
Denn solange die Konjunktur nicht in eine Rezession verfällt, dürften bei Unternehmensaktien die negativen Gewinneffekte aufgrund schwächerer wirtschaftlicher Aktivität von positiven Bewertungseffekten durch zu erwartende Zinssenkungen mehr als kompensiert werden. Natürlich setzt letzteres die Annahme eines weiterhin rückläufigen Trends bei den Inflationsraten voraus, wofür es gute Gründe gibt. Für den reibungslosen Verlauf dieser Sektorenrotation ist jedenfalls bei Aktienmarktinvestoren die Bereitschaft, einen seit Anfang 2023 herausragenden Momentum-Trade im Hinblick auf eine breiter gefasste Aktienmarkallokation anzupassen. Dabei ist eine moderate, nicht-disruptive Preiskorrektur bei den wichtigsten Technologie-Aktienindizes eine entscheidende Voraussetzung. Kurz gesagt: eine lediglich graduelle Anpassung der bestehenden Aktienmarkt-Positionierung würde helfen. Die jüngsten Kurszuwächse bei Small Cap Indizes (MSCI World Small Cap, Russell 2000) stimmen diesbezüglich jedenfalls positiv. Gestiegene Erwartungen hinsichtlich eines Sieges von D. Trump bei den US Präsidentschaftswahlen dürften für zusätzlichen Rückenwind sorgen.
Anleiheinvestoren sollten sich in diesem Szenario weiterhin neutral positionieren. Dafür sprechen einerseits die aktuell vergleichsweise bereits geringen Renditeaufschläge für IG- und HY Unternehmensanleihen, andererseits fehlt die Zinsphantasie im Hinblick auf weitreichende Leitzinssenkungen durch die wichtigsten westlichen Notenbanken. Kurzlaufende Wertpapiere haben im Fall von nachteiligen (geo-)politischen Ereignissen zudem den Vorteil geringerer Zinsvolatilität. Gleichzeitig befinden sich die Ausfallsraten nach wie vor innerhalb moderater Bandbreiten. Auf Duration ausgerichtete Zukäufe sollten daher selektiv während Stressphasen erfolgen. Nach den langen Jahren der Nullzinspolitik sind mittlerweile auch wieder für das gesamte Anleihespektrum attraktive Titel mit hohen Couponzahlungen verfügbar, diese können kurzfristige Wertschwankungen erheblich dämpfen. Staatsanleihen sind aufgrund des durchwegs hohen Refinanzierungsbedarfs und erheblicher Neuemissionstätigkeit aufgrund hoher Budgetdefizite weiterhin mit Vorsicht zu genießen. Sowohl in den USA als auch in der Eurozone fehlt es diesbezüglich an glaubhaften Konsolidierungsmaßnahmen. Schwellenländeranleihen in Hartwährung bieten diesbezüglich Vorteile, anhand der jüngsten Entwicklung der brasilianischen Staatsfinanzen zeigt sich einmal mehr die Notwendigkeit einer entsprechend selektiven Allokation.
Alternative Investments, allen voran Rohstoffe, sind selbst im aktuellen Zinsumfeld und wie bereits im vergangenen Jahr eine wichtige Beimischung und sollten übergewichtet bleiben. Einerseits aus Gründen des Inflationsschutzes und andererseits gegenüber idiosynkratischen Risiken. Speziell Gold nimmt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle ein, sind doch auch abgesehen von systemischen Risiken potenziell negative Spillovers aus militärischen Konflikten (Ukraine/Russland, Israle/Palästina und China/Taiwan) nach wie vor sehr hoch. Die globalen Finanzmärkte zeigten sich aber bereits in der Vergangenheit im Angesicht von hohen Unsicherheiten durch geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Unwägbarkeiten bemerkenswert widerstandsfähig. Diese hohe Resilienz, vor allem bei den Aktienmärkten, ist ein weiteres, positives Argument, für Veranlagungen in riskante Anlageformen.
Mag. Manuel Schuster, IMC
CEO&CIO, FAME Investments AG